Sonntag, April 22, 2007

Flesh Eating Mothers

Was erwartet man von einem Film mit dem Titel „Flesh eating mothers“(1989), dessen Regisseur nie mehr einen Film gedreht hat und die meisten Darsteller in keinem anderen Film mehr mitgewirkt haben?







Nichts?
Purer Trash?
Synchronisation im unteren Pornoniveau?
Schauspieler aus dem Pornomilieu?
Beschissene 80er Jahre Mucke?

Einen Zombiefilm?
Eine bescheuerte Teenieklamotte?
Billige und schlechte Splatterszenen?

Eine beknackte Story?
Mit unter die dümmsten und unrealistischsten Dialoge die vielleicht jemals in einem Film gezeigt wurden?
Mütter, die durch eine Geschlechtskrankheit ihre Kinder fressen? Einen Film der so schlecht ist, dass er vielleicht bei manchen Freaks Kult ist?

Montag, April 02, 2007

John Barth - Der Tabakhändler


John Barth hat mit "Der tabakhändler / The Sot-Weed Factor(1960)" einen postmodernen Schelmenroman abgeliefert der seinesgleichen erst noch suchen muss. Knapp 1000 Seiten voll gepackt mit verdrehten Zitaten und schrägen Anspielungen aller Art - pure Intertextualität.

Der Grundplot handelt von dem selbsternannten Poet Ebenezer Cooke, der seine Jungfräulichkeit zu einer Tugend ernannt hat und den es im 17. jahrhundert von England ins koloniale Amerika verschlägt um dort die Tabakplantagen seines Vater zu übernehmen und gleichzeitig ein heroisches Epos (die Marylandiade) im Stile eines Homers erschaffen will, was sich allerdings schlussendlich als eine beißende Satire entpuppt.

Ebenzer Cooke, der tatsächlich gelebt hat, hat 1708 ein satirisches aus hudibrastischen Versen bestehendes Epos The Sot-Weed Factor über Maryland verfasst. Auf der Grundlage dieses Werkes und dass über den echten Ebenezer historisch kaum etwas belegt ist, hat Barth seinen Roman aufgebaut und so aus eigenem Ermessen die Geschichte mit allerlei obskuren Gestalten schmücken können.

Der Tabakhändler lässt sich trotz seiner Komplexität - die zwar weder an Gaddis „die Fälschung der Welt“ noch an „Die Enden der Parabel“ und dessen pynchonesken Hirnfick heranreicht – relativ flüssig lesen. Fast jeder einzelne Satz erzeugt ein tiefes Grinsen , es ist eine wahre Freude den aberwitzigsten Situationen zu folgen, und gerade hierin liegt die Stärke von Barth, egal welche abartigen Taten auch verübt werden - selbst die detaillierte Beschreibung einer Massenvergewaltigung stört den Spaß nicht im geringsten.

Der Tabakhändel besteht aus lauter satirischen, bitterbösen Momenten und herrlich absurden Dialogen; ob beim doch eigentlich recht profanen Kauf eines Notizbuches oder beim Beobachten eines sich über 5! Seiten hinziehenden, alleine aus Schimpfwörtern bestehenden Hurenstreits-einfach köstlich! Auch Rabelais „Gargantua und Pantagruel“ wird durch die Arschwischfrage Tribut gezollt - hier ist Ebenzer in der prekären Situation sich in die Hose geschissen zuhaben und nicht weiß wie sich zu säubern, allerdings wählt er im Gegensatz zu Gargantua nicht den majestätischen weißen Hals einer jungen Gans ( was sich nach einer langen Versuchsreihe an diversen Tierarten als das als effektivste und edelste Mittel erwiesen hat), sondern, weil keine Gans zur Hand und der Schweif eines Wallachs doch gewisse Gefahren mit sich bringt, die leeren Seiten seines Notizbuchs.

Neben dem naiven Antihelden Ebenzer steht Henry Burlingame, sein Ehemaliger Hauslehrer, der in seiner Jugend als Lustknabe zum Gegenstand des Antagonismus von den wegen der Descartschen Kosmologie zerstrittenen Issac Newton und Henry More wurde, als undurchschaubarer Pendant. Auf der Suche nach seiner wahren Identität schlussendlich mit einem legendären Potenzmittel „bewaffnet“ liegt es in seinem „Tun“, Maryland vor dem Untergang zu bewahren.

Es geht um Betrug und Verschwörung, Maskerade und Phantasmagorie, Vergewaltigung und Liebe, Impotenz und Geilheit - schon der echte E. Cooke hatte sein Werk mit dem Fluch belegt, Gottes Zorn möge "dieses Land verwüsten, in dem kein Mann treu ist, und nicht eine Frau keusch".


erschienen bei :
BvT Berliner Taschenbuch Verlags GmbH
19;90 Euro