Samstag, Juli 22, 2006

Melt 2006







Das Melt-Festival ist mehr als nur ein normales Festival – hier gehört das Gelände zur Musik dazu!
Das Festival findet in der Ferropolis statt-die Stadt aus Eisen - ein Museum und Veranstaltungsort nahe der Stadt Gräfenhainichen östlich von Dessau auf einer Halbinsel im ehemaligen Tagebau Golpa-Nord. Ferropolis ist Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur.
Nach dem Ende des Braunkohlebergbaus in diesem Gebiet wurden hier fünf Großgeräte in einem Freilichtmuseum zusammengeführt und schaffen eine einmalige Atmosphäre. Neben einem Eimerkettenschwenkbagger ( Mad Max) und einem SChaufelradbagger (Big Wheel) findet man hier auch zwei Absetzer (Gemini und Medusa) und einen Eimerkettenbagger (Mosquito)
. Die Bagger sind zwischen 70 und 120 Meter lang, zum Teil knapp 40 Meter hoch und wiegen bis zu 2000! Tonnen.

Drei der Vier Bühnen sind zwischen den Baggern verteilt, die nachts atemberaubend illuminiert sind.

Tag 1: 14.07.2006

Angekommen sind wir nach vielleicht so 4-5 Stunden Fahrt (von Hannover aus), inklusive Stau und Pissen in Munitionsverseuchtem Gebiert!

Der Campingplatz war dann entgegen den im Vorfeld erhaltenen Informationen auch gar nicht weit vom Parkplatz entfernt gelegen. Da waren wir bei Rip schon länger und stressiger unterwegs, vor allem weil wir von unseren Zeltnachbarn einen Aldi(nord)-einkaufswagen abchecken konnten! Und mit so`nem Wagen ist man schon der King!

Ein bisschen stressig wurde es dann doch, da die Kooks schon um 17:55 angefangen haben. Wärend die anderen noch gegrillt haben, bin ich mit der Alex schon mal zum Festivalgelände geschlappt. Die Strecke ist auch relativ kurz gehalten und vor allem kein Gedränge wie bei anderen Festivals. Bis zum Eingang lief ging auch alles gut, doch dann hieß uns eine mehrere 100 Köpfe starke an der Bändchenausgabe wartende Menge gut 30 Minuten warten. Dadurch verpassten wir zwar fast den kompletten Kooksauftritt, was sich aber nur als halb so schlimm herausstellte, da die Kooks nicht so überragend performten wie erhofft. Haben ihr Set runtergespielt - nicht schlecht, aber eben nicht überragend.

Danach hieß es erstmal des Festivalgelände abzuchecken - echt richtig klein und schnuckelig - die angeblich 13.000 Besucher verteilten sich so geschickt auf die Bühnen, dass ich die Besucherzahl auf vielleicht 7-8 Tausend geschätzt hätte.
Danach waren We are Scientists an der Reihe, aber auch nicht mehr als nur Standartkost!
Negativ zu erwähnen neben den langen Warteschlangen bei der Bändchenausgabe, dass man weder Essen noch Getränke mit aufs Gelände nahmen durfte und ein großes Becks(0,5 Liter) 4 Euro gekostet hat.
Danach nun die großartigen …and you will know us by the trail of dead.
Musikalisch auf jeden Fall Top, haben meiner Meinung nur ein bisschen zu früh gespielt und der Sound hätte ruhig ein ganzes Stück lauter sein dürfen - das gesamte Festival war relativ leise - ist ja schon n bisschen enttäuschend, ohne Ohrensausen heim zukommen.
Da bis zu den Pet Shop Boys noch gut 3 Stunden Zeit war, sind wir kurz zum Zelt zurück , um uns kleidungstechnisch abzudaten!
Wieder zurück auf dem Gelände sind wir erst etwas verpeilt rumgeirrt und haben hier und da mal n bisschen was angeschaut. Phoenix –gar nicht mal so schlecht, obwohl sie ja aus Frankreich kommen - die Sonne war um 23 Uhr auch nicht mehr wirklich arg präsent, so dass die cool illuminierten Backer das ganze auch optische ansprechend untermalt haben.
Sehr cool kamen auch diverse schräg(oder vielleicht auch gerade) aufgehängte Discokugeln, die einen beim durchschreiten der Stroboeffekte übelst verspult haben - vor allem wenn man eh schon recht dicht war—sehr gelungen.

Kurz vor den Pet Shop Boys haben wir noch die ersten drei Lieder von den Sternen mitgenommen. Deren Konzert soll auch sehr gelungen gewesen sein, aber die Pet Shop Boys sind natürlich klar vorzuziehen – also, rüber zur Medusamainstage , überraschenderweise relativ leer geblieben war. Die Show war natürlich atemberaubend professionell. Irgendwelche riesigen aus Leinen (könnte sich aber natürlich auch um irgend einen anderen Stoff gehandelt haben) bespannten rechteckigen Gerüste, die den Auftritt über gedreht und verschoben wurden. Im Set waren dann natürlich au alle Klassiker enthalten. Nur der wohl obligatorischen Abschlusssong go west war schon ein bisschen aus dem Konzept gerissen arg hingerotzt. Aber doch, war schon sehr cool!.
Eigentlich hatte ich mir ja schon fest vorgenommen, Deichkind anzuschauen, doch die waren erst für 03:00 eingeplant und die dazwischen spielenden Mia waren so was von scheiße.
Wir sind dann zum Campingplatz zurück und haben den Tag mit einer recht versifften Grillsession beendet.


Tag 2: 15.07.2006


Der Samstag hat uns mit widerlichem löslichem Instandkaffee, Nutellaverschnitt auf Tost und einem herrlichem Wetter empfangen.
Die erste erwähnenswerte Aktion führte zum Strand. Verseuchtes Wasser? Ja? Nein ? egal!
- der verräterischen Kilt zieht einen doch recht leicht in die von grünen Unterwassernazis bewachte Tiefe des Sees!
Gegen später gab’s dann noch mal lecker Aldifleisch, welches doch schon einen recht eigentümlichen Modergeruchgeruch entwickelt hatte- aber möglicherweise vorhandene angriffslustige Keime wurden gnadenlos vom Feuer vernichtet und mit genug Ketchup verzehrt.
Die Erste Band um 18:00 Uhr war dann Klee. Eine Elektropopband mit Sängerin und bescheuerten Texten. Klee verstehen ihr Handwerk und haben eine zu ihren Texten passende naive- heile Welt verherrlichende- jungfräulich anmutende gute Laune Show geboten.

Danach wurde es Zeit für das erste große Highlight: die Editors. Haben gut gerockt und eine super Stimmung unter den Besuchern verbreitet. War in Etwa das, was ich von den Kooks erwartet hätte- die Lieder nicht nur eins zu eins nachspielen, sondern auch mal n bisschen rumwichsen. TOP!
Dann kamen Jochen Distelmeyer und seine Blumenfelder. Los ging’s gleich mal mit dem schön rockigen Strobohobo. Auch hier wurde ein tolles Set geboten -hätte nur gerne noch graue Wolken gesehen -aber was soll`s – war auch so ganz cool.

Danach hieß es dann Stagewechsel, in die Melt! Klub @ ORANGERIE !
Peter Licht parallel zu Tomte, was nun? – aber keine Frage: Peter Licht mit Gitarre auf der Bühne - Fotos sind nicht erlaubt - Peter ist sehr scheu - auf Fotos wird er beispielsweise durch ein Kartoffelmännchen repräsentiert. Dafür kam die Kommunikation nicht zu kurz - er hat Textzettel im Publikum verteilt - Wir sind jung und machen uns Sorgen über unsere Chancen auf dem Arbeitsmarkt -5, nein 10 Minuten hat das Auditorium - ja, es war mehr ein Vortrag, mehr eine Lesung als ein Konzert- mitgesungen, bis nur noch ein röchelnder Peter Licht zu hören war- Sorgen, Sorgen, Sorgen, Sorgen - das sollte das Ende sein, doch das Publikum will mehr und bekam auch mehr---- Gänsehaut bleibt zurück ! TOP!

Und dann: Battles -ein Traum!
Mir wäre nie in den Sinn gekommen, auf dem Melt in den Genuss solch einer musikalischen Grenzerfahrung zu gelangen! wie die geknallt haben - zu krass - auf Platte schon relativ experimentierfreudig und ziemlich unkonventionell, aber live – what the fuck?- was für ein Krach und Geknüppel -unbeschreiblich schön! Was will man aber auch anderes erwarten, bei Leuten, die schon bei Bands wie Tomahawk, Helmet, Don Caballero oder Lynx gezockt haben.
Danach bin ich erstmal nach draußen, von der Musik immer noch total eingenommen verpeilt und gut besoffen durch die Gegend geirrt und unter einer dieser oben erwähnten schräggeraden Diskokugeln irgendeinem Typ versehendlich meine Nudeln über die Jacke gelehrt- waren aber zum Glück immer noch genügend im Teller, so dass ich nicht hungern musste!

Hab dann kurz vorm Aphex Twin gegen 0:00 Uhr die Anderen wieder getroffen, welche vor (den) Battles geflüchtet waren! Nun gut, was soll ich zum Aphex Twin sagen, bin zwei mal im Stehen eingepennt! - war doch schon ziemlich enttäuscht - Der Typ ist nur hinter seinem Mischpult gestanden und hat seine „Lieder“ ablaufen lassen, viel zu leise und kein Gewichse -andauernder Wechsel zwischen schnellen und langsamen Stücken. Wobei ich allerdings zugeben muss, dass ich auch nicht wirklich n Plan von solcher Mucke hab – gab auch einige Leute, die üblest drauf abgefeiert haben.
Um 02.00 kam dann Nightmares On Wax (Soundsystem), wobei meiner Meinung nach das Wort Soundsytem leider nicht unberechtigt war. Hat mich dann doch nicht so angesprochen wie gedacht, auf Platte relativ chillige Mucke. Live hat ein übergewichtiger Maximalpigmentierter MC versucht das Publikum zum mitsingen zu bewegen, was allerdings kläglich gescheitert ist - zu hiphopmässig das ganze aufgezogen.
Bin während dem Auftritt kurz was trinken holen gegangen und hab so meine Leute verloren(oder vielleicht sind die auch weg, weiß nimmer so genau). Bin dann nein bisschen verärgert durchs Gelände zur Big Wheel Stage, auf der grad Ellen Allien aufgelegt hat- zwar musikalisch nicht ganz mein Fall, aber die ist ja mal ne ganz Süße - wenigstens was für die Augen! ;-)
Wollte anschließend zum Zelt zurück, doch dann kam alles ganz anders, da ein gewisser Herr Roni Size (feat. Dynamite MC) meine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat.

Unbeschreiblich, was für ein Festivalabschluss!

Mainstage (sehr angenehm gefüllt) – highspeed D`n`B – irgendwann wird es hell die Sonne geht auf und scheint auf die Bühne - die sich in den Backer brechenden Strahlen führen zu einer atemberaubenden Symbiose aus Licht und Metal plötzlich merkt man, dass es 06:30 am Morgen ist - man mit mehreren Hundert anderen Leuten 3,5 Stunden lang abgegangen und dementsprechend am Sack ist – aber glücklich.

Zum Schluss noch kurz im jetzt doch der Uhrzeit entsprechend leerem Klo scheißen gegangen und dann am herrlich, schon fast künstlich anmutenden blauen See entlang zurück zum Zeltplatz.


Fazit: Best Festival ever!-hätte nie gedacht, dass ein Festival so entspannt verlaufen kann und vor allem ohne HELGA- geschweige denn SLAYER-Rufen!